In der letzten Woche hat Mirko Lange (@talkabout) in der W&V ein Interview zum Thema Social Media und deren Erfolge gegeben. Das Interview ist weniger Aufhänger denn aber Auslöser meiner Gedanken. Lange erklärt in dem Gespräch einige Beispiele, die eben kein Erfolg im “Social Media” sind.
So weit, so gut. Es geht weniger darum, ob ich mit Mirko einer Meinung bin oder nicht, denn viel mehr, dass mir seine Sichtweise zu eindimensional ist. Das soll kein Vorwurf oder Kritik sein, denn aus der Sichtweise von ihm kann ich die Schlussfolgerungen durchaus verstehen. Es dient mir vielmehr dazu eine Diskussion anzustoßen 😉
Was mich insgesamt stört ist, warum sieht man “Social Media” eigentlich in Deutschland derartig aus der PR-Brille? Weil sie am ehesten erkannt haben, dass man damit Geld verdienen kann? Versteht mich nicht falsch, meine Bestrebungen gehen eher dahin, dass wir nicht jeden “Mist” in die Tonne “Social Media” hauen können. Social Commerce ist oftmals noch verpönt, einige haben davon noch nicht gehört und wer offen zu gibt, dass er damit Geld verdienen will/soll/möchte, begibt sich meist auf dünnes Eis.
Sicherlich kann man die Meinung vertreten, dass mit Social Media in erster Linie kein Geld verdient werden soll. Dies kann ich allerdings recht banal adaptieren, denn Marketing und Werbung dient ja auch i.d.R. nur dazu, den Kunden zu informieren. Heißt ja auch so “Verbraucherinformationen”.
Die Frage, die ich mir stelle ist, ab wann ist Social Commerce eben Social Commerce und wann vielleicht noch “Social Media”. Es müsste ja dann auch beides unter dem Begriff “Social Web” rangieren, welches nach einigen Meinungen ja auch nicht mehr gibt, da es das Web durchdrungen hat. Was bedeutet, dass das Social Web das eigentliche Internet ist. Es sicherlich das logische Resultat in naher Zukunft, aber in Moment vielleicht etwas verfrüht.
Mit Social Games beschäftigt sich man ebenfalls relativ wenig, so zumindest mein subjektiver Eindruck. Vielleicht eben weil “Spiele” in der PR sonst keine Rolle gespielt haben? Das diese Zweig inzwischen Milliarden schwer ist, dürfte den meisten nicht entgangen sein. Vieler Orts wurde in den letzten Tagen und Wochen die Magnum-Werbung beklatscht, berechtigter Weise. Ich möchte auch nur darlegen, dass “spielen im Businessbereich“ gar nicht so weit weg ist. Zur Not mal bei den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein / Pinneberg nachfragen.
An einigen Stellen ist bereits die Prognose zu lesen, dass “spielen” auch die neuen Form der “Arbeit” werden wird. Zumindest in einigen Bereichen. Wenn ich Herrn Dueck folge, stimmt dies, denn es ist die von ihm beschriebene Y-Generation. Also Leute, die sich selbst verwirklichen wollen. Leute wie ich es bin oder die meisten von euch.
Es geht nicht um richtig oder falsch, schwarz oder weiß. Es ist genauso naiv zu denken, im Social Dingens ginge es nur um “soziales” (damit meine ich die fundamentale deutsche Bedeutung). Das ist mir in diesem Fall etwas zu einfach. Schließlich sind auch neben der Schwarmintelligenz und dem Dialog als solcher auch viele andere Zweige entstanden bzw. sind am entstehen.
Wenn ich mir anstelle von Social Media mal “Marketing” oder “Werbung heranziehe, gibt es eben auch nicht nur eine “Art” von… Dialogmarketing, Direktmarketing, Onlinemarketing, Affiliatemarketing… was ist den guten alten Medien? Print-Werbung, TV-Werbung, Display-Werbung. Man kann es auch nicht alles in einen Topf werfen, oder?
Daher stellt sich die Frage, ob und warum ein Sachverhalt “Social Media” ist oder nicht eben ist. War die Bahn erfolgreich? Wenn man 3,7 Mio Umsatz in 2 Wochen nimmt, jaor durchaus. Genug Buzz hat das Thema generiert, dass lässt sich leider nicht von der Hand weisen. Nachhaltig ist es jedoch sicher nicht. Aber nicht jeder Kunde fand es schlecht. Aus kommerzieller Sicht erfolgreich? (Ich gebe ja zu, dass das Beispiel der Bahn eines sein kann, an dem man sich zu Tode diskutieren kann)
Bis jetzt befassen sich Fachbücher (die ich zugegebenermaßen nur vom Titel kenne) mit Social Media als Kundenkuschelecke (CRM) und Social Media Marketing. Happy shiny glückliche Kunden stellen Fragen und bekommen Antworten. Oder ist es “Social Media”, wenn man zwar eine Verkaufsabsicht hat aber dem Kunden etwas gutes tut (give the people what they want)?
Ich denke, es reicht nicht aus zu sagen “Social Media” ist dieses schöne Sommerbild des glücklichen Kunden des Unternehmen mit einer starken Marke und einem guten Image. Dazu ist das Thema m.E. zu stark gewachsen und wächst nach wie vor in alle Richtungen. Vielleicht wächst es auch zu schnell, als das man den Pott noch überblicken kann. Die Experimente sind sicher noch lange nicht abgeschlossen und die Möglichkeiten, was geht oder nicht geht vermehren sich täglich.
Facebook Deals wurde bekanntlich gelauncht zur Testphase. Social Media oder Social Commerce? Und wenn was, warum?
Wie seht ihr das alles? Fehlen uns Begriffe, eine stärkere Differenzierung der Sachverhalte? Sollten wir alles in eine Tonne werfen, weil es einfacher ist? Sollte Social Commerce kategorisch verteufelt werden? Ist das Thema vielleicht viel zu “geekig”? Erzählt es mir!
PS: Jede offensichtliche Verkaufsabsicht in (Buchstabe des Netzwerkes)-Commerce zu taufen halte ich übrigens auch für Quark.
Oha. Jetzt betreten wir die Definitions-Arena. Kaum verwunderlich, dass sich bisher keiner getraut hat, hier zu kommentieren. Naja, will ich mal den Anfang machen mit einer Basis-Unterscheidung: Mir geht seit langem schon die willkürliche Vermischung von ’social‘ und ’sozial‘ auf den Kranz. Natürlich sind die Begriffe per Definition nicht trennbar, da können jetzt gern die Übersetzungs- und Wissenschaftsgurus kommen, aber für mich reimt sich die Alltagsverwendung so:
‚Social‘ umschreibt einfach das gemeinsame Tun ohne jede Wertung. ‚Sozial‘ unterstellt eine positive Zielausrichtung im Sinne von Ethik und Moral. Wenn also von Social Commerce die Rede ist kann damit meinetwegen auch ein gemeinsamer Großeinkauf bei Northrom Grumman gemeint sein, während die soziale Komponente hier zu kurz kommen dürfte.
Ob das jetzt hier zur Erhellung beiträgt ist mir nicht ganz klar. Wollte das aber mal gesagt haben. So! 😉
Danke Karsten, die Formulierung der „positiven Zielausrichtung“ trifft es ganz gut. Nun ob Definitions-Arena hin oder her, es bringt ja nun herzlich wenig sich 100x über irgendwas aufzuregen oder daran zu stören. Irgendwann muss es mal auf den Tisch. Da werden wir sicherlich jeder von jedem (also social) was mitnehmen können 😉
Es braucht wahrscheinlich noch Zeit, bis alles überall verstanden wird – und verstehen muss man es ja, wenn man es differenzieren will…problematisch ist auch, dass hier alleine schon im Englischen die eigentlichen Bedeutungen von Wörtern verändert wird/wurde und erst recht dann in der Übersetzung bzw. Nutzung im Deutschen verwirrt. Aber gut – versuchen wir es doch mal als Diskussionsgrundlage:
Social Media: Alles, was anhand der vom User (mehr oder weniger gestützt) autonom erstellten Verknüpfung zu anderen Usern, seine Dienste offeriert bzw. Mehrwerte geniert. (also eigentlich p2p-Media?)
Social networks: Plattformen, deren Existenzgrund eigentlich nur darin besteht, diese autonomen Verknüpfungen um geistreiche Funktionen wie Bilder, Text (in verschienden Formen) und Kommentare zu erweitern.
Social Commerce: Entsprechende Plattformen, die die Interaktion zwischen den Usern zum direkten Abverkauf nutzen – eine Art digitale MLM-Lösung…nur nicht so anstößig 🙂
…und dann gäbe es eigentlich noch die SocialApps…
Als Abgrenzung scheint mir aber eben die Grundlage zu sein, dass „social“ von der autonomen Verknüpfung eines Users mit anderen Usern lebt/leben muss und sich dadurch multipliziert bzw. Dritten die Multiplikation erlaubt. Ob diese Multiplikation dann nur Bekanntheit, Image oder gar Absatz ist, kommt eben auf das Angebot/den Nutzen/ an…
Doch ganz schön kompliziert…
Servus Sam,
der letzte Satz trifft es für mich, es ist gar nicht so einfach die Dinge irgendwie zu zuordnen. Daher finde ich es wichtig diese Thema einfach mal anzustoßen und die Interpretation von Social Apps finde ich gut formuliert.
Zugegeben mag es recht früh sein aber man muss sich halt mal „versuchen“ 🙂
Danke dir dafür!
Liebe Grüße, Kai