Social Media, dass bedeutet in Deutschland erstmal viel über sich selbst reden. Danach kommt Facebook, Twitter, Blogs, Foren und der ein oder andere themenrelevante Service. Es bedeutet aber auch ein Überangebot an Mittelmäßigkeit. Deutsche Unternehmen sind gefangen in ihrer Mittelmäßigkeit, nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es gar nicht anders können. Eine Abhilfe ist lange nicht in Sicht.
Fanpages sind normal
Seit 2008 feiern sich die ersten Unternehmen dieses Social Media nun zu machen. Inzwischen sind 3 Jahre vergangen und die Technologien haben sich weiterentwickelt. Die Nutzer haben sich weiterentwickelt. Mechanismen haben sich etabliert. Was geblieben ist, sind Berater die von “Mehrwert” reden, Unternehmen die eine Fanpage für heiß halten. Im Prinzip hat sich nichts verändert, allerdings haben wir kein Jahr 2008 mehr.
Wenn wir von diesem Social Media sprechen, haben wir oft One-Hit-Wonder im Kopf. Auch während meiner Recherche konnte mir bisher niemand ein deutsches Unternehmen nennen, dass 2x extrem positiv und kreativ aufgefallen wäre. Deutsche Unternehmen sind gefangen in Ihrer Mittelmäßigkeit. Eine Fanpage zu haben und diese zu betreuen, bedeutet Arbeit. Die Leute, die diese Seiten betreuen, machen einen guten Job. Dies steht außer Frage, aber dies geht mit klassischem Communitymanagement einher. Und Hand auf’s Herz, es haut heute einfach niemanden mehr vom Hocker, wenn man in einer Pressemitteilung schreibt, dass man auf Facebook vertreten ist.
Es bedarf einfach mehr, aus der Masse heraus zu stechen. Wenn man sich die “Best Practice”-Fälle in Workshops ansieht, dann kommt da gern mal eine Twelpforce, DELL oder andere Unternehmen, die einfach nur die Ersten ihrer Art waren. Allerdings sitzen diese auch nicht auf diesem Kontinent. Es gibt inzwischen einige Ansätze, auch in Deutschland, die den Kobold am Ende des Regenbogens ausfindig machen könnten. Um Social Media in seiner Reinform in ein Unternehmen zu integrieren, bedarf es Zeit und Durchhaltevermögen. Angesehene Experten reden von einem Paradigmenwechsel. Ebenfalls ein breitgetretenes Wort.
Mit Geschichten geht es einfacher
Auf dieser Ebene der Kommunikation geschieht im übrigen auch nichts. Habt ihr in einem Vortrag schon mal gehört, dass ihr mehr Storytelling machen müsst? Ja? Hat der Vortragende auch erzählt, wie man eine Geschichte inszeniert? Nein? Komisch, oder?
Geschichten entstehen durch aussergewöhnliches. Es gibt in diesem Bereich Paradebeispiele, wie man unglaublich gut auf sich aufmerksam machen kann. Coca-Cola scheint dafür in Israel ein Testfeld zu haben. Wer nun meint, dass Coca-Cola es einfach hätte, da es sich um eine Lifestyle-Marke handelt, dem mag ich widersprechen. Das folgende Beispiel hätte jede Getränkehersteller mit PET-Flaschen machen können. Oder wie bringt man einem Land bei, wie man PET-Flaschen recycelt?
Die Mittelmäßigkeit in Deutschland herrscht aus der Gedankenkrux heraus, dass Marketingleute am Ende des Tages gern auf die Marke einzahlen wollen. Es bedarf dazu schon etwas mehr, einen Porsche mit KFZ-Folie zu bekleben und ins Museum zu stellen. Die Idee ist nett gewesen. Aber ich freue mich heute auch nicht mehr darüber, dass ich TV-Programme in Farbe empfangen kann oder die Fernbedienung erfunden wurde. Die Zeiten sind vorbei.
Der Punkt ist, diese Sachen sind durchaus “kreativ”. Sie halten den Kunden auch bei Laune – sie sind aber nicht Weltklasse. Es lässt mich nicht ausflippen. NIKE Schuhe aus Zurück in die Zukunft hingegen schon. Es ist nett, wenn OTTO Leute aus der Fanbase für ein Coverbild ermittelt. Es ist aber nicht aussergewöhnlich. Es ist nicht dieses Gefühl, welches in mir geweckt wird, so wie wenn ich ins Disneyland fliege. Als Konsument stehe ich im Mittelpunkt – ich, ich, ich, ich – wenn es für mich nicht funktioniert, funktioniert es nicht. Ende der Diskussion.
Trauen steckt in Vertrauen
200.000 Fans mit einem Video zu generieren, dass ist aussergewöhnlich. Der Trick an der Sache ist, wenn man sich diese oder andere Beispiele anschaut – es hat selten in erster Linie etwas mit der Marke (direkt) zu tun. Ich weiß dass es schwierig ist, aber es ist möglich. Die Kunst besteht doch darin, einen Punkt zu setzen und Emotionen zu wecken. Spannender wird es jedoch, wenn man Erster ist, in dem was man tut. Wenn die Marke am Ende sogar austauschbar ist, umso besser. Oder im Falle von Batelco, dort hätte zur Verwirklichung meiner Träume auch eine Bank stehen können oder ein Matratzenhersteller.
Mir gefällt das Coca-Cola Beispiel so gut, weil dort auch etwas für die Umwelt getan worden ist ohne gleich darüber zu sprechen. Man muss sich nicht immer die Gesellschaftsveranwortung (Neudeutsch: Corporate Social Responsibility, kurz CSR) als Aushängeschild benutzen, der Kunde merkt dies sehr wohl. Die Anerkennung ist auch höher, wenn der Kunde von allein darauf kommt, dass die Aktion zu irgendetwas gutem beiträgt.
Um auf das Storytelling und die Mittelmäßigkeit zurück zu kommen. Tun Sie sich und ihrem Unternehmen einen Gefallen. Verwechseln Sie Word of Mouth nicht mit Social Media. Es gibt dort zwar gern Schnittmengen, da man sich der gleichen Werkzeuge bedient, es sind aber unterschiedliche Schuhe. Um einen Schritt näher dem Storytelling zu kommen, kann man sich der Werbung bedienen. Kennen Sie noch die Geschichte, von einem älteren Herren und einer Gotteserscheinung, die sich über eine Kaffeesorte austauschen? Der Spot ging nach dem herunterfallenden Klavier weiter oder? Im Auto mit sintflutartigem Regen. Werbung wird zu Content und Content wird zu Marketing. Die Geschichte mit den beiden Protagonisten lässt sich fortsetzen. In Kurzgeschichten. Es gibt ein ähnliches Beispiel, es beginnt mit “Hello I’m a Mac” 😉
Es ist sicher nichts schlechteres daran, wenn man sich in einem etablierten Bereich bewegt. Man sollte dies als Management oder Unternehmen allerdings auch als solches akzeptieren. Es ist eben kein heißer Scheiße mehr einen Unternehmensblog zu haben, selbst wenn man Daimler heißt. Mercedes-Benz war übrigens auch mal sehr außergewöhnlich. Vor 125 Jahren setzte man auf Gasmotorentechnik und nicht auf Pferdekutschen. Die Geschichte von hohen Rössern ist allerdings eine andere. Apropos Pferde…
Hm, Mittelmaß ist ja immerhin besser als schlecht. Ein bisschen fehlt mir auch die konkrete Aussage was Du dir vorstellst, also mittel- und langfristig nicht einmalig.
Ich persönlich sehe das größere Problem darin dass Social Media keine Zeitungsanzeige ist und eigentlich nur dann funktionieren kann wenn das Unternehmen auch positive Werte lebt. Wer weiterhin seine Profite durch Ressourcenausbeutung, -verschwendung oder -vernichtung (egal ob nun Umwelt, Mensch) generiert wird hier einen schweren Stand haben und fährt mit klassischen Marketing vermutlich besser.
Im übrigen finde ich Ritter Sport an dieser Stelle schon recht gut, nur mal so als Beispiel.
Hey Enrico,
es geht weniger um die Mittel oder Langfristigen Ziele. Es geht schlicht ohne eine gewisse Kultur nur bis zu einem bestimmten Grad und nicht weiter. Da endet der Pfad dann aber in banalen Kundensupport.
Ja Ritter Sport ist ein gutes Spiel, allerdings habe ich seit der Schokoladenproduktion auch nichts mehr von ihnen gehört. Dank dir für den Hinweis, ich werde es im Hinterstübchen berücksichtigen.
Grüße
Moin Kai,
ich sehe das Grundproblem in der unerfüllbaren Erwartungshaltung nach immer neuen Knallern. Denn eine Eigenschaft eines Hypes ist dass er irgendwann endet, danach kommt dann entweder der Alltag oder das Ende der Geschichte.
Und dort kommt man langsam bei den Social Media Storys an, es wird mehr oder minder banaler Alltag. Ähnlich wie das mal mit Fernsehen war. Daher sehe ich für eine Marke nun die Hauptaufgabe darin den Alltag aktiv und interessant zu gestalten. Und dabei muss man sich eben mit sinkenden Fanzahlen usw. abfinden.